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Wolmirstedt
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Wolmirstedter Handtuch im Bundestag

    Ausstellung der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt Objekte jüdischer Familien

    Wolmirstedt (pm) l Ein Handtuch aus Wolmirstedt ist seit Kurzem Bestandteil einer Ausstellung im Deutschen Bundestag in Berlin zum 70-jährigen Bestehen der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Das Handtuch gehörte einst der aus Wolmirstedt stammenden jüdischen Familie Laufmann, die aus Nazideutschland fliehen konnte und das Handtuch später der Gedenkstätte übergab. Anlass für die Ausstellung ist der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.

    Wolmirstedts Bürgermeisterin Marlies Cassuhn und Museumsleiterin Annette Pilz waren vergangene Woche Gäste der Ausstellungseröffnung, und beide zeigten sich ebenso begeistert wie betroffen. Die Bürgermeisterin sagte: “Ich bin beeindruckt von der sehenswerten, sehr professionell gestalteten Ausstellung und freue mich, dass unsere Stadt Wolmirstedt ein Teil davon ist. Das jüdische Leben wird hier aus einem völlig anderen und persönlichen Blickwinkel nachvollzogen. Ein Alltagsgegenstand erzählt uns eine Geschichte. Wir sollten es nutzen, dass unsere Stadt in dieser Ausstellung, in der bedeutsame Einzelschicksale dargestellt werden, im Bundestag vertreten ist.” Dazu gehört an erster Stelle das Erinnern und die Mahnung, dass sich diese Geschichte nicht wiederholen darf, vor allem angesichts der Tatsache, dass immer weniger Holocaust-Überlebende von den Gräueltaten berichten können. 

    Die Bürgermeisterin brachte in diesem Zusammenhang die sehr anschauliche Ausstellung zum gestrandeten Zug im Wolmirstedt Museum und die Errichtung des Gedenksteines in Farsleben in Erinnerung: “Ich habe eine Idee: Ich möchte gern das Handtuch als Leihgabe – und sei es für ein paar Tage – nach Wolmirstedt holen und auf diese Weise das persönliche Schicksal der Familie Laufmann darstellen.”

    Jeder Stadtrat solle demnächst ein Foto des Handtuches erhalten.

    Annette Pilz sagte unter dem Eindruck des Besuches im Bundestag: “Diese 16 Objekte zu sehen, war ein ganz besonderes unvergessliches Erlebnis. Erstmalig kommen Objekte aus Yad Vashem nach Deutschland – und diesmal ist Wolmirstedt dabei und vertritt somit Sachsen-Anhalt.”

    Die Ausstellung “Sechszehn Objekte – siebzig Jahre Yad Vashem” wurde vom Freundeskreis Yad Vashem und dem Yad-Vashem-Museum konzipiert und ist bis zum 17. Februar zu sehen. Wie die Veranstalter mitteilen, sollen die insgesamt 16 Ausstellungsobjekte “für eine gewisse Zeit nach Hause gebracht werden” und somit an ihren Ursprungsort zurückkehren. Jedes der 16 Objekte, das einst einer Familie oder einer Person gehörte, steht für ein deutsches Bundesland. Die Ausstellungsstücke, die erstmals nach Deutschland zurückkehren, sollen daran erinnern, dass jede deutsche Stadt mit dem Holocaust einen Teil ihrer Geschichte, ihrer Identität, verloren hat. 

    Hermann und Machela Laufmann lebten mit ihren beiden Kindern seit 1924 in Wolmirstedt. Sie betrieben ein erfolgreiches Bekleidungs- und Schuhgeschäft. Der große Laden und ihre Wohnung befanden sich in der Stendaler Straße (der heutigen August-Bebel-Straße). Hermann Laufmann befreundete sich mit den Wolmirstedter Würdenträgern. Doch schon in den 1930er Jahren wuchs der Antisemitismus auch in Wolmirstedt, obwohl es in der Stadt nur zwei jüdische Familien gab. Familie Laufmann geriet in das Visier von Jugendlichen, die sie zunehmend drangsalierten: Sie schlugen Hermann Laufmann zusammen und verwüsteten das Geschäft, beschmierten die Fenster mit Teer. Die verängstigte Familie beschloss schon 1931, Deutschland zu verlassen. Sie organisierte Einwanderungsdokumente nach Frankreich und verließ Wolmirstedt mitten in der Nacht mitsamt ihrer Habseligkeiten. Ein Enkelsohn von Hermann und Machela Laufmann übergab das Handtuch an Yad Vashem. 

    Die Ausstellung ist vom 25. Januar bis 17. Februar montags bis Freitag von 9 bis 17 Uhr im Deutschen Bundestag in Berlin, Paul-Löbe-Haus, Eingang West, Konrad-Adenauer-Straße 1, zu sehen. Eine Anmeldung für den Besuch sowie die Teilnahme an einer Führung ist notwendig (Telefon 030/227-38883 oder per E-Mail unter ausstellungen@bundestag.de .

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